825 Jahre Schömberg – Streiflichter aus der Geschichte des „Dorfes am Himmel“

Von Friedrich Eschwey, Mitglied im Heimat- und Geschichtsverein Schömberg.


Schömberg feiert dieses Jahr das 825jährige Jubiläum seiner ersten urkundlichen Erwähnung. Die Urkunde ist der Codex Hirsaugiensis, das Buch, in dem die Schenkungen an das Kloster Hirsau verzeichnet sind. Festgehalten ist, dass eine Herzogin Uta einige Dörfer, darunter auch Schamberg (Schömberg), dem Kloster Hirsau vermacht hat. Der Abt, indessen Amtszeit die Schenkung fällt, hieß Conrad, er regierte von 1176 bis 1188, also hat man als Schenkungsdatum das Jahr 1177 festgelegt. Da ein Dorf, das verschenkt wird schon existieren muss, ist Schömberg älter als 825 Jahre.

Die Enz-Nagold-Platte wurde im Laufe des 11. und 12. Jahrhunderts besiedelt. Durch verbesserte Methoden in der Landwirtschaft nahm die Bevölkerung kontinuierlich zu, sodass die adligen Grundherren neue Siedlungsgebiete außerhalb der Täler erschließen mussten. Sie rodeten die menschenleeren Waldgebiete auf den Höhen über Nagold und Enz und gründeten sogenannte Waldhufendörfer. In einem Waldhufendorf stehen die Gehöfte entlang der Dorfstraße. Hinter dem Hof zieht sich ein etwa 50 Meter breiter Streifen bis hinein in den Wald, die sogenannte Hufe. Sie stellt den Grundbesitz des Bauern dar, von ihrer Bewirtschaftung muss er den Lebensunterhalt und die Abgaben an den Grundherrn bestreiten. Sicher keine Voraussetzung um Reichtümer anhäufen zu können.

Was waren das für Zeiten, in denen Schömberg und die umliegenden Orte entstanden? Im Reich regierten bis 1125 die salischen Kaiser, die Erbauer des Speyerer Domes. Nach den Saliern kamen die Staufer an die Macht. Als Herzöge von Schwaben gehörten sie zu den mächtigsten Fürsten im Reich. Die Zeit war geprägt von den Kämpfen der Kaiser und Könige mit den Fürsten um die Macht im Deutschen Reich und mit den Päpsten um die Vorherrschaft im christlichen Abendland. 1096 - 1099 fand der erste der unseligen Kreuzzüge ins Heilige Land statt. Die Kaiser mussten in immer neuen Feldzügen ihre Macht in Italien sichern.

Wie berührten diese Ereignisse die Menschen in den Waldhufendörfern auf den Höhen des Nordschwarzwaldes? Indirekt schon, zum Beispiel, wenn ein Grundherr seinen Besitz verkaufte um als Kreuzritter ins Heilige Land zu ziehen, oder wenn er vom König zu Kriegsdiensten herangezogen wurde, oder wenn das Kloster zu dessen Besitz man gehörte, in die Auseinandersetzung zwischen Reich und Kirche gezogen wurde. Im Investiturstreit zwischen Kaiser und Papst stand das Kloster Hirsau unter Abt Wilhelm auf Seiten des Papstes.

Als Schömberg dem Kloster Hirsau geschenkt wurde, da war dessen große Zeit schon am Abklingen. Nach wenigen Jahren wurde die Schenkung rückgängig gemacht und Schömberg kam unter die Herrschaft der Grafen von Eberstein, den Gründern des Zisterzienserklosters Herrenalb. Den Ebersteinern ging es wie den Grafen von Calw und den Grafen von Hohenberg, sie verschwanden von der Bühne der Geschichte. Ihre Gebiete kamen an die Markgrafen von Baden und die Grafen von Württemberg.

1273 verkaufte ein Ritter von Liebenzell seinen Besitz, zu dem auch Schömberg gehörte, an den Markgrafen von Baden und zog als Kreuzritter ins Heilige Land. Markgraf Rudolf I., der in Pforzheim residierte, investierte dafür 1200 Mark Silber, eine für damalige Verhältnisse ungeheure Summe. Ende des 14. Jahrhunderts entstand das Amt Liebenzell, zu dessen Amtsbezirk Schömberg gehörte. Nach und nach wurde das Amt Liebenzell von württembergischen Besitzungen eingekreist, Schömberg war nun Grenzort. Den Grenzverlauf kann man noch heute an den erhaltenen Grenzsteinen erkennen. Aus den wenigen schriftlichen Zeugnissen aus dieser Zeit geht hervor, dass es zum Ende des 15. Jahrhunderts in Schömberg 19 Höfe und etwa 100 bis 150 Einwohner gab.

Die Markgrafen von Baden, die Gründer Stuttgarts, zogen sich immer mehr aus ihren Gebieten im heutigen Württemberg an den Rhein zurück. 1603 war es dann soweit, das Amt Liebenzell kam durch Gebietstausch an die Württemberger, blieb aber Grenzgebiet. Und so erlebten die Schömberger als Untertanen der Herzöge von Württemberg die schreckliche Zeit des dreißigjährigen Krieges. Zu den Belastungen des Krieges kamen Seuchen wie die Pest und Hungersnöte. Am Ende dieses Wahnsinns war die Bevölkerung im Amtsbezirk Liebenzell auf ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe geschrumpft und 60% der Ortschaften waren unbewohnbar geworden.

Kaum hatten sich die Menschen und das Land von den Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges erholt, da überzogen die Franzosen Südwestdeutschland mit dem Pfälzischen Erbfolgekrieg. 1692 brannten Hirsau und Calw, aber auch die Dörfer hatten unter den Kriegseinwirkungen zu leiden. Die Bauern hatten immer die Suppe auszulöffeln, egal ob sie von den eigenen Truppen oder den Franzosen eingebrockt worden war.

Nach der Französischen Revolution und der Machtergreifung Napoleons war das Heilige Römische Reich Deutscher Nation am Ende. Der Herzog von Württemberg wurde König von Napoleons Gnaden. Er regierte das Land nach französischem Vorbild, d. h. streng zentralistisch. Das Amt Liebenzell wurde aufgelöst, ein Teil davon, darunter Schömberg, kam zum Oberamt Neuenbürg, der Rest zum Oberamt Calw.

Im 19. Jahrhundert fand Württemberg nur schwer den Anschluss an die einsetzende Industrialisierung. Hungersnöte und Wirtschaftskrisen beutelten das Land und seine Menschen. Viele Württemberger entschlossen sich auszuwandern, die Schömberger nicht. Nur etwa 100 Einwohner gingen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts diesen Weg.

Dann gegen Ende des 19. Jahrhunderts tauchte Licht am Ende des Tunnels auf. In Pforzheim entwickelte sich die von den Markgrafen gegründete Schmuckindustrie und lockte die Menschen als Industriependler – Rassler genannt – in seine Fabriken. Als es dann in Höfen und Liebenzell Bahnhöfe gab, konnten die Menschen ihren Arbeitsplatz in Pforzheim leichter erreichen. Nebenbei betrieben sie ihre Landwirtschaft, was vor allem zu Lasten der Frauen ging. Trotz dieser Entwicklung behielt Schömberg seinen dörflichen Charakter, aber eine neue Zeit kündigte sich an. .

1888 wurde zum Schicksalsjahr Schömbergs. Der Kaufmann Hugo Römpler war in Schömberg von einem Lungenleiden genesen. Er erkannte das Heilklima des Ortes und eröffnete sein Luftkurhaus. Nun war die Entwicklung Schömbergs zum Davos Deutschlands nicht mehr aufzuhalten. Aus dem Waldhufendorf wurde der Kurort Schömberg. Die Bevölkerung kam zu Wohlstand, der dörfliche Charakter verschwand immer mehr.

1938 wurden die Oberämter Nagold, Calw und Neuenbürg zum Kreis Calw zusammengefasst. Verwüstungen durch Bomben, kurz vor Ende des 2. Weltkrieges, trugen dazu bei, dass Neu-Schömberg mit seinem geradezu städtischen Gepräge entstand. Doch zuvor mussten die Auswirkungen des Krieges und der französischen Besatzung überwunden werden.

Bis in die 1960ziger Jahre hielt diese wohl bedeutendste Ära in der Geschichte des „Dorfes am Himmel - so ein Kurgast - an. Dann wurde die Volksseuche Tuberkulose praktisch ausgerottet. Wieder mussten sich die Schömberger neu orientieren. Nach der Verwaltungsreform in den 1970ziger Jahren kamen die Gemeinden Langenbrand, Schwarzenberg, Oberlengenhardt und Bieselsberg zu Schömberg. Zusammen hat man es geschafft, sich zu einem Kur- und Erholungsgebiet zu entwickeln, mit einer Infrastruktur die sich sehen lassen kann. Die muss jetzt weiter den Erfordernissen unserer Zeit angepasst werden. Ergänzt durch die Ansiedlung von Handwerks- und Industriebetrieben hat die Gemeinde Schömberg gute Chancen die Herausforderungen zu meistern, wie schon so oft in ihrer Geschichte.